Rechnung-per-Link-downloaden

27. Oktober 2023

Brauche ich einen Virenscanner?

Blog-Artikel von www.futurezone.at

Meist installiert man die Programme aus Gewohnheit, doch Experten warnen vor ihnen.

Bloss nicht online gehen, bevor der Norton läuft! Wer vor 10 Jahren einen neuen Computer in Betrieb nahm, installierte schleunigst ein Antivirenprogramm, damit der Rechner nicht angreifbar wurde. Auch heute machen das viele Menschen, obwohl sich seither einiges getan hat. Apples MacOS und insbesondere Microsofts Windows haben längst eigene Schutzprogramme integriert. Braucht man da überhaupt noch einen zusätzlichen Virenscanner oder installiert man den nur noch aus Gewohnheit?
Darauf hat der IT-Sicherheitsexperte Manuel Koschuch von der FH Campus Wien eine deutliche Antwort: „Nein. Aus meiner Sicht bietet ein extra Antivirenprogramm auf einem Privatrechner keine erhöhte Sicherheit“, erklärt er der futurezone im Gespräch.

Besserer Schutz schon im System

Tatsächlich sei die Security-Community schon immer der Meinung gewesen, dass solche Programme unnötig sind. In der Praxis sah das früher anders aus, da man nicht davon ausgehen konnte, dass alle Menschen sicheres Surfen perfektioniert haben. Insbesondere Windows bot dafür lange Zeit keinen ausreichenden Schutz. 
Seit Windows 10 ist mit dem „Windows Defender“ aber der Virenschutz fester Bestandteil des Betriebssystems. „Wenn der einen Virus findet, dann fängt er ihn ab. Wenn nicht, ist die Wahrscheinlichkeit sehr gross, dass ihn auch andere Virenscanner nicht erkennen“, ist Koschuch überzeugt. Ähnliches gilt für Apples Gatekeeper.

Mehr Angriffsfläche durch Zusatzprogramme

Koschuch geht sogar noch weiter: „Mir ist kein aktuelles Antivirusprogramm bekannt, das meinen Rechner nicht aktiv unsicherer machen würde“, warnt der Experte. Die Aussage begründet er vor allem mit der Tatsache, dass jede Software Fehler haben kann.
Ein Antivirenprogramm muss tief in ein Betriebssystem eingreifen können und mit hohen Rechten laufen, um Dateien zu scannen, um den versprochenen Schutz zu bieten. Dadurch biete man Angreifer*innen zusätzliche Fläche, um mögliche Schwachstellen in der Antivirensoftware auszunutzen. Verwendet man hingegen die Schutzfunktionen, die das jeweilige Betriebssystem mitbringt, gibt man keine zusätzlichen Zugriffsrechte an externe Anbieter ab.

Geschäft mit den Daten

Trotzdem existieren viele Antivirenprogramme nach all den Jahren weiterhin. Kostenpflichtige Angebote wie „McAfee“ oder „Kaspersky“ sind oft auf neuen Computern vorinstalliert, wofür sie Geld an die Computerhersteller zahlen. In einer Zeit, in der viele Menschen im Homeoffice arbeiten, kann die Nutzung zusätzlicher Virenprogramme auch vorgeschrieben werden, um sensible Unternehmensdaten entsprechend zu schützen.

Privatanwender greifen meist zu den üblichen kostenlosen Programmen wie „AVG“, „Avira“ und „Avast“. Sie gehören inzwischen alle dem US-Hersteller „Gen Digital“. Aber nichts ist wirklich gratis. Statt mit Geld bezahlt man hier mit seinen Daten. „Für die Firmen sind die Daten, die sie auf Rechnern sammeln können, aus Wettbewerbssicht wertvoll. Es wird erkannt, welche Programme man verwendet, der Browserverlauf wird ausgelesen und das kann man an Werbetreibende verkaufen“, erklärt Koschuch.

Die Softwareanbieter informieren auf ihren Webseiten über diesen Umstand. Auf der Webseite von AVG heißt es etwa, der Hersteller sammle Informationen zu den genutzten Geräten, dem Standort, installierten Anwendungen und Browserdaten, wie etwa besuchte Webseiten. Das soll angeblich die Software verbessern. Die Daten werden laut AVG aber auch genutzt, um User*innen personalisierte Werbung von Drittanbietern zuzusenden. Wer sich gut informiert, kann zumindest dem Weiterverkauf der Daten in den Einstellungen vieler Virenscanner widersprechen.

Gefahr durch Werbung

Werbung ist generell ein wichtiges Stichwort beim Virenschutz. „Gerade über Werbeeinblendungen kommt heutzutage viel Schadsoftware auf den Rechner“, erklärt Koschuch. Er empfiehlt, auf unbekannten Webseiten einen Adblocker zu aktivieren, wenn man dem Anbieter nicht zutraut, nur sichere Werbung anzuzeigen. Allerdings greifen Adblocker, die direkt als Erweiterungen im Internetbrowser installiert werden, ebenfalls auf sämtliche Browserdaten, wie etwa die besuchten Webseiten, zu und können diese Informationen auch weiterverkaufen.

Grundsätzlich sollte man wachsam sein, auf welche Links man im Internet klickt, welche Dateien man herunterlädt und öffnet. Ist man sich bei einer Datei unsicher, muss sie aber aus einem bestimmten Grund öffnen, empfiehlt Koschuch die Online-Anwendung virustotal.com von Google. Dort kann man die Datei hochladen und sie wird von 70 verschiedenen Virenscannern geprüft.